Ich versuche aus jeder Situation was Positives zu sehen. Doch manchmal geht das schwer. Gerade ist wieder so eine Phase. Ich brauche nicht viel, um glücklich zu sein. Hauptsache das lebensnotwendige Fundament stimmt. Bei mir besteht dieses Fundament neben allen normalen Dingen wie Essen, Trinken, Familie vor allem aus einer Sache: Hilfe von Menschen, die meine Defizite ausgleichen. Menschen, die mir täglich Dinge ermöglichen, wie das Reichen von Essen, Trinken, oder Unterstützung beim Zähneputzen/Duschen/Toilettengang. Alles kleine Dinge, die für die meisten selbstverständlich sind. Hierfür habe ich Assistenz. Doch was ist, wenn diese bröckelt? Wenn ich aufwache und feststellen muss, dass niemand da ist? Dieses Gefühl von Menschen abhängig zu sein, ist manchmal sehr frustrierend. Für die Personen die plötzlich nicht kommen, ist das eine geplante persönliche Entscheidung, die höchstens eine finanzielle Auswirkung hat. Für mich, der auf Hilfe angewiesen ist, hat diese „fremde“ Entscheidung gravierende Folgen. Assistenz ist mein Schlüssel für die Welt. Wenn dieser abricht und auch die zur Seite gelegten Ersatzschlüssel anfangen zu bröckeln, bröckelt in dem Moment auch ein Stück mein eigenes Leben.
Ich sage immer, der größte Unterschied von dem Job als persönlicher Assistenz und beispielsweise eine Bürokraft ist: Die Aufgaben im Büro bleiben liegen. Ich kann auch mal eine Stunde länger aufs Essen warten, aber nicht ewig. Mein Leben geht weiter.
Ich, der als Arbeitgeber meine Assistenz selbst anstellt, bin auch selbst verantwortlich bei Ausfall Vertretung zu organisieren. Neue Personen zu suchen, Dienstpläne zu schreiben und vieles mehr. Das mach ich auch sehr gerne, um nicht zu sagen: „Ich liebe es“. Aber auch ich bin irgendwann am Ende. Nicht zu wissen, wie es weiter geht, ob morgen meine Versorgung gesichert ist, bringt mich an meine Grenzen. Diese Sorgen zu vergessen ist unmöglich. Wenn ich ins Bett gehe, wenn ich aufstehe, immer der eine Gedanke: Wie geht es weiter? Kann ich langfristig mein Leben in der Form weiterleben? Eine Antwort bleibt aus… Und doch muss jeder Tag irgendwie weiter gehen. Und wenn ich mal jemanden finde, heißt es für mich jedes Mal auf neue Personen einstellen. Jedes Mal eine neue Unsicherheit, ob es klappt. Fremde Menschen in meine Privatsphäre lassen. Für mich der am liebsten dauerhaft für sich alleine ist, ist das oft sehr schwer.
Und bitte nicht falsch verstehen: Ich bin jedem sehr dankbar, der hilft mir ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Abhängigkeit ist das größte Arschloch! Von meiner Versorgung hängt sehr viel ab. Ohne das ich sicherstellen kann, dass ich jeden Tag jemanden habe, kann ich auch für mich selbst nicht vorankommen. Mich selbst auf Jobsuche begeben, neue Projekte planen und vieles mehr.
Diese Situation beschäftigt mich schon über 2 Jahre. Mal gibt es 2 Monate Ruhe, bevor wieder von heute auf morgen alles zusammenfällt. Das raubt mir viel Kraft, die ich in andere Dinge stecken möchte.
So, dass musste jetzt mal raus. Aber eins steht fest: Auch wenn die Situation gerade sehr schwer ist: Mir geht es gut. Ich klage auf einem sehr hohen Niveau, wenn ich an die ganze andere Scheiße denke, die jeden Tag in der Welt passiert. An Menschen, die jeden Tag leiden und Angst um ihr Leben haben müssen. Das täglich zu hören, macht mich zu einem unendlich wütend und zum Anderem denke ich daran, wie gut es uns geht. Wir sollten viel dankbarer sein, für das was wir haben. Denn selbstverständlich ist das schon lange nicht mehr!