… Ein Satz, den ich des Öfteren gehört habe. So auch in meiner heutigen Story, die ich erst letztens erlebt habe. Das mir häufig unterstellt wird nicht klar denken zu können, schreibe ich ja häufig. Leider ist das nun mal die meistverwendete Diskriminierungsform. Zumindest die ich so erlebe.
Nichtsahnend stieg ich in den Bus und setzte mich hin. Da hörte ich es schon tuscheln. 3 ältere Damen, teilweise mit Rollator unterwegs, standen sehr nah bei mir, als sie anfingen zu tuscheln. Ich dachte mir nichts bei und möchte eigentlich auch keine fremden Gespräche verfolgen. Jedoch hörte ich schnell heraus, dass die Damen über mich sprachen. Daher hörte ich doch etwas aufmerksam zu. Meine Assistentin, die auch in deren Nähe stand, hörte das Gespräch auch.
Sie sahen, wie ich einstieg und zu einem freien Platz lief. „Die armen Eltern“ hörte ich heraus. Sie sprachen darüber, wie Eltern so Menschen wie mich großziehen können. Das sei unzumutbar und eine sehr schwere Belastung. So einen Sohn so wie andere Kinder zu lieben, ist bestimmt sehr hart…
Ich muss zugeben, dass ich nicht mehr den kompletten Wortlaut weiß. Die Situation war für mich so unreal, dass ich zunächst gar nicht wirklich realisiert habe, was da gerade los war. Ich saß genau daneben und habe nur geschwiegen. Hinterher, als ich nochmal mit etwas Abstand dran gedacht habe, wurde mir erst bewusst, wie diskriminierend das war.
Ich hätte echt gerne was gesagt, aber in dem Moment war das nicht möglich. Hier kommen mehrere Faktoren zusammen: Zu einem, habe ich auch keine Lust mich Rund um die Uhr mit meiner Behinderung zu beschäftigen und mich ständig zu rechtfertigen. Ich wollte einfach nur zu meinem Ziel kommen. Ich vergleiche das gerne mit einer Person die in der Öffentlichkeit steht, die vermutlich auch nicht immer Lust auf Fotos mit Fans hat.
Etwas offtopic, aber ich möchte es kurz erwähnen. Manche erwarten sogar, dass ich Auskunft über meine Behinderung geben muss, wenn ich gefragt werde. Nein, dass muss ich nicht. Wenn ich merke, da steckt ein ernsthaftes Interesse, komme ich sehr gerne ins Gespräch. Aber wenn ich gerade nicht möchte, muss das akzeptiert werden. Wie jeder andere Mensch, habe auch ich nicht immer Lust zu reden, oder mich zu rechtfertigen. Aber zurück zum Thema:
Das viel Schlimmere an dieser Situation ist jedoch, dass diese Frauen mir mal wieder eine kognitive Unfähigkeit unterstellt wurde. Sobald Menschen so eine Einstellung gegenüber mir haben, ist es total schwer bzw. unmöglich diese Menschen vom Gegenteil zu überzeugen. Ich meine, ich saß gefühlt 10cm neben den. Die wussten genau, dass ich die höre. Aber da ja davon ausgegangen wurde, dass ich nicht klar im Kopf bin, würde ich das ja auch nicht hören.
Ich bin mir sicher, dass die das nicht mit Absicht machen und wahrscheinlich es ziemlich peinlich fänden, wenn die diesen Text hier lesen würden. Aber wie es auch im juristischen heißt: „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“, kann man hier sagen: „Unwissenheit, aber trotzdem scheiße“… Mich regt sowas echt auf.
Nimmt doch einfach den Menschen so wie er ist, ohne nach der ersten Sekunde direkt ein Bild zu haben. Meistens entspricht dieses Bild nicht der Wahrheit.
In dem Sinne wünsche ich euch einen vorurteilsfreien Blick. Tut uns alle gut!
Viele Grüße
Linus